„...es waren noch zehntausend andere, unbekannte Bilder und Klänge da, deren Heimat und sehendes Auge und hörendes Ohr einzig in mir innen lebte.
Die alte Hospitalmauer mit dem alten, verwitterten Graugrün, in deren Rissen und Verwitterungen tausend Fresken zu ahnen waren – wer gab ihr Antwort, wer ließ sie in seine Seele ein, wer liebte sie, wer empfand den Zauber ihrer zart hinsterbenden Farben ?“
(Hermann Hesse, Der Steppenwolf, Harry Hallers Aufzeichnungen, Nur für Verrückte
Aufbau Verlag Berlin 1963, S.49)
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Wie hätte die Poesie eine Chance, ... wenn ihre Kunst dem Urteil aller unterworfen sein soll, wenn er sich von jedermann muss belehren lassen, sich doch gefälligst der Alltagssprache zu bedienen, um in Mysterien einzuführen, der Sinn ganz geistiger Natur ist? Wie macht man einer unwissenden Menge nur begreiflich, dass es eine von den stofflichen Gedanken unabhängige Poesie gibt, eine, die ausschließlich in der Sprache liegt, in einer Wortmelodie, einer bestimmten Abfolge von Konsonanten und Vokalen; sodann dass es allerdings auch eine Gedankenpoesie gibt, die aber aus dem, was der Sprache Poesie verleiht, erst hervorgeht ?...
(Honoré de Balzac: Über Künstler, in »Pathologie des Soziallebens«, Hg. E. Pankow, Leipzig 2002, S. 204-205)
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Die Malerei ist eine stumme Dichtung, und die Dichtung ist eine blinde Malerei, die eine wie die andere ahmt die Natur nach, wie es ihren Fähigkeiten entspricht, und durch die eine wie durch die andere kann man viele sittliche Haltungen zeigen, ...
(Leonardo da Vinci: Malerei, Musik und Dichtung, in Il Paragone oder der Wettstreit der Künste , Hg. A. Chastel, Schirmer/Mosel, Köln 1990, S. 139)
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Wenn du auf buntgefleckte Mauern oder auf buntgemischte Steine blickst, so kannst du dort, falls du irgendeine Gegend zu erfinden hast, Bilder von allerlei Landschaften sehen, die mit Bergen, Flüssen, Felsen, Bäumen, weiten Ebenen, Tälern und Hügeln in mannigfacher Weise ausgestattet sind. Du kannst auch dort allerhand Schlachten und Gestalten mit lebhaften Gebärden erblicken, ferner seltsame Gesichtszüge und Gewänder und unendlich viele Dinge, die du später in vollkommener und schöner Form wiedergeben kannst. Es ist mit solchen Mauern und Gemischen ähnlich wie mit dem Geläute der Glocken, denn in ihren Schlägen kannst du alle Namen und Worte hören, die du dir ausdenkst.
(Leonardo da Vinci : Grundsätze für den Schüler der Malerei, in „Die Notizbücher des Leonardo“, Hg. E. Dickens, Ullstein Verlag, Berlin 2006, S.65)
© sensofactur 20.06.2022